Laien in der Kirche:

Der Schritt zur Selbstverantwortung

Die jahrelangen Bemühungen zur Reform der römisch-katholischen Kirche, die bisher wenige Erfolge haben, und die erschreckenden Aufdeckungen massenhafter Missbrauchsfälle fordern von den Laien in dieser Kirche neue Verhaltensweisen. Wir verdanken Papst Franziskus ein wesentlich offeneres Gesprächsklima. Zugleich verschärfen sich aber die Gegensätze in der Kirche, und der Widerstand gegen Reformen macht sich immer deutlicher bemerkbar. Während der Papst zu Recht den Klerikalismus verurteilt, spielen sich die Auseinander­setzungen zwischen Offenheit und Traditionalismus gerade im klerikalen Raum ab.

Wir Laien können zwar für die eine oder andere Seite Partei nehmen, sind jedoch von Entscheidungen weitgehend ausgeschlossen. Da es uns aber um den ernsthaften Versuch eines christlichen Lebens gehen muss, können wir nicht noch einmal Jahrzehnte warten, wie schon nach dem Konzil, als die römische Kurie den Aufbruch unter Johannes XXIII. fünfzig Jahre lang zu unterdrücken versucht hat. Der zentralistische Führungsanspruch Roms kann sich weder historisch noch theologisch rechtfertigen. Daher müssen wir Laien heute jede klerikale Bevormundung zurückweisen und aus eigener Verantwortung klarstellen, was wir jenseits kirchlicher Vorschriften für richtig halten.

1

Solange Laien und Priester einer Diözese keine Mitwirkung bei der Ernennung ihrer Bischöfe haben, und solange es bei der Verwendung des Kirchenbeitrags weder volle Transparenz noch Mitwirkungsrechte gibt, stellen wir die bischöfliche Amtsautorität in Frage. Das gilt umso mehr, als viele Bischöfe die wieder­holten Aufforderungen von Papst Franziskus missachten, und nicht imstande sind, mutige weiterführende Vorschläge zu machen.

2

Wir verlangen die volle kirchliche Zustimmung zur Charta der Menschenrechte. Das bedeutet die volle Gleichberechtigung der Frauen für alle Ämter in der Kirche und die Abschaffung des Pflichtzölibats für Priester. Verheiratete Priester und solche, die mit einer Gefährtin leben, dürfen nicht ihrer Ämter enthoben werden.

3

Wir akzeptieren keine Priester, die aus anderen Kulturkreisen autoritäre Auffassungen vom Priesteramt mitbringen. In Seelsorge und Jugendarbeit dürfen nur Priester arbeiten, die dafür eigens ausgebildet und geprüft sind.

4

Wir protestieren gegen die Zerstörung von Gemeinden durch die mutwillige Zusammenlegung von Pfarren. Das Beispiel anderer Diözesen zeigt, dass Pfarren dann erhalten werden können, wenn vom klerikalen Führungsprinzip abgesehen wird. Die Kirchenstruktur dem Priestermangel anzupassen, ist ein verhängnisvoller Irrweg.

5

Die Priesterweihe befähigt nicht unbedingt zur Gemeindeleitung. Daher hat der Pfarrgemeinderat dafür zu sorgen, dass fähige Personen, Frauen oder Männer, die Pfarrgemeinde leiten. Wenn kein Priester zur Verfügung steht, können Laien eine vollständige Eucharistiefeier begehen, denn „wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, bin ich mitten unter ihnen“ (Mt 18,20).

6

Wir ignorieren das Predigtverbot für Laien und setzen uns dafür ein, dass ausgebildete und sprechkundige Frauen und Männer Predigten im Gottesdienst halten. Wenn dafür niemand zur Verfügung steht, soll der Gottesdienst ohne Predigt abgehalten werden; die Lesungen aus der Heiligen Schrift verdienen nicht, was derzeit in manchen Predigten darüber gesagt wird.

7

Wir empfangen die Eucharistie, auch wenn wir als Geschiedene wiederverheiratet sind. Wir laden evangelische Ehepartner ein, ohne Bedenken im katholischen Gottesdienst Brot und Wein zu nehmen. Wir haben keine Scheu, den Einladungen von evangelischer oder altkatholischer Seite nachzukommen und in deren Gottesdiensten am Abendmahl teilzunehmen.

8

Wir schätzen theologisch ausgebildete Priester oder Laien als kompetente Fachleute, weisen aber alle Versuche zurück, uns Vorschriften über unsere Lebensführung zu machen. Das gilt besonders für die klerikale Einmischung in die Führung der Ehe. Kirchenrechtliche Vorschriften, die die volle christliche Kompetenz der Laien, insbesondere der Frauen einschränken, nehmen wir nicht zur Kenntnis.

Pawlowsky, November 2018

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