Was muss noch alles passieren bis die Kirchenleitung so reagiert, dass sexuellem Missbrauch in Zukunft der Boden entzogen wird?

Die Aufzeichnung und Ausstrahlung des berührenden Gespräches zwischen Christoph Kardinal Schönborn und der Nonne Doris Wagner ist ein mutiger, kirchengeschichtlich herausragender Schritt mit Merkmalen einer öffentlichen Beichte.

Österreich übernimmt damit im internationalen Vergleich eine Vorreiterrolle im ehrlichen Umgang mit sexuellem Missbrauch.

Es werden im Gespräch auch Abgründe offenbar: Es gibt innerhalb der Kirchenleitung immer noch einen Kampf zwischen den um Aufklärung bemühten und den auf Vertuschung setzenden. Es gibt Täter unter den Klerikern in Amt und Würden während deren Opfer ihren Job verlieren.

Die sexuellen Missbrauchsfälle sind besonders hässliche Auswüchse einer extrem hierarchischen, allein durch Männer repräsentierten Machtstruktur ohne Kontrollrechte durch die Kirchenbürger/innen. Die Kirche bedarf dringend einer neuen Verfassung mit Grundrechten für ihre Mitglieder.


Im Fall "Clara" kam es mittlerweile zur Einstellung des Verfahrens gegen den des Missbrauchs beschuldigten Priester durch die Staatsanwältin. Selbst wenn man der Beurteilung durch die Staatsanwältin folgt, bleibt für die Kirche die Ungeheuerlichkeit bestehen: Wenn sich der Priester zur Mutter seiner Kinder öffentlich bekannt hätte, wäre er ein Priester ohne Amt, weil er das Zölibats-Versprechen gebrochen hat. So wurde der Fall bis vor Kurzem erfolgreich vertuscht.

Aber es geht weniger darum, diesen Priester nun vielleicht doch noch kirchenrechtlich konsistent zu „bestrafen“ (und auch nur weil der Fall öffentlich wurde), sondern wie vergleichsweise unwichtig Clara (Frau eben, in der kirchlichen Hierarchie bedeutungslos) behandelt wird. Das Problem ist nicht auschließlich das schuldhafte Verhalten einzelner Personen, sondern dass das Zölibatsversprechen als obligatorische Voraussetzung für den Priesterberuf gar nicht verlangt werden dürfte.

Die erschreckenden, massenhaften Missbrauchsfälle in der röm. kath. Kirche haben ihre Hauptursache in den bisher nur geringfügigen Erfolgen der jahrelangen Bemühungen um überfällige Reformen.

Die Zahl der Missbrauchsfälle durch Kleriker pro Kopf ist in Deutschland in der röm. kath. Kirche doppelt so hoch wie bei den Protestanten, in der Altkatholischen Kirche ist dieses Phänomen überhaupt unbekannt. In letzterer sind die von allen kath. Reformorganisationen geforderten Weiterentwicklungen bereits weitgehend umgesetzt.

Einzelfälle oder System?

In einer von der Kath. Kirche selbst in Auftrag gegebenen Studie werden allein in Deutschland rund 3.700 Fälle aufgelistet – die Dunkelziffer ist sicher noch höher.

Der Ausschluss von Frauen und heiratswilligen Personen von der Priesterweihe führt zur Anziehung von Menschen mit gestörter psychosexueller Prägung und verhindert, dass die freiwillige zölibatäre Lebensform zur gelebten Berufung wird.

Solange die Kirchenleitung die Auslesekriterien für geweihte Priester nicht zu ändern bereit ist und damit das Soziotop der sauren Wiesen für die Missbrauchsfälle weiter bestehen bleibt, können wir Laien in dieser Kirche nur durch eigenständige Verhaltensweisen reagieren.

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